Neustart für niki und Simon

Neustart für Niki und Simon 2

Heute gibt es die nächsten Einheiten 🙂

7. Niki

In einem neuen Zimmer zu schlafen ist die Hölle, schlimmer als neue Bettwäsche. Ich schlaf immer vollkommen unruhig die erste Nacht. Deswegen bin ich auch wortkarg, als ich in die Küche komme. Meine Mutter räumt gerade aus den Kartons das Geschirr, dass wir essen und trinken können. Vom Bäcker hat sie Brötchen und mehrere Kaffee-to-Go mitgebracht. Die Maschine ist wohl irgendwo tief vergraben.

»Guten Morgen«, sagt sie in ihrem wirklich ätzenden Happyton.

Ich brumme einfach nur. Rieche an den Pappbecher. Keine heiße Schokolade. Seufzend nehme ich mir die Wasserflasche und ein Brötchen. Mann! Ich will wieder zurück nach Bayern, ich will meine Brezeln.

»Dein Papa kommt erst gegen Mittag, er musste ins Krankenhaus.«

Na toll, jetzt lässt er mich mit ihr auch noch allein. Es ist ja nicht, sodass ich meine Mutter nicht mag, aber sie geht mir gewaltig auf die Nerven. Sagen wir so, wir sind wie Hund und Katz.

»Kannst du auch mal was sagen?«

»Nein«, knurre ich und gehe wieder Richtung des Zimmers.

»Niki.«

»Was willst du sagen, was diese beschissene Situation besser macht?«

»Deine Aussprache!«

»Ich bin nicht dein Püppchen!«

»Warum hasst du mich so?«

Na Bravo, sie hat mir wieder ein schlechtes Gewissen eingeredet mit einer simplen Frage. »Ich hasse alles, ihr geht mir gerade einfach auf die Nerven. Habt ihr bei allem mal an mich gedacht. Ja, ich habe gute Noten, aber es wäre echt mal klasse Freunde zu haben.«

»Es ist doch nicht meine Schuld.«

»Nein, deine ist es, dass du es mir auch noch schwerer machst, indem du dich an der Schule unterrichtest, WO ICH HINGEHE!«, schreie ich ihr entgegen.

8. Simon

Ich erwachte am Morgen mit einem dicken Kopf. Verdammt. Müde ging ich in Boxershorts und T-Shirt in die Küche, um mir was zu trinken zu holen.

»Morgen Simon«, grüßte mein Vater. Ich knurrte nur, ging zum Wasserhahn, füllte meine Flasche auf und trank sie in einem Zug leer. Erneut füllte ich sie auf und wollte die Küche verlassen. »Stopp! Wir frühstücken jetzt.«

Mein Blick fiel auf die Uhr. »Wir haben halb acht.«

»Und was soll mir diese Aussage nun mitteilen?«

»Um diese Uhrzeit esse ich nichts.«

»Seit wann das nicht?«

»Lass mich überlegen«, ich ließ eine Pause, als würde ich überlegen. »Schon eine ganze Weile. Wenn du dich für dein Kind interessieren würdest, würdest du es mitbekommen.«

»Simon! Verdammt noch mal, setz dich auf deinen Arsch. Dahin!« Er zeigte mit dem Finger wütend auf einen der Stühle. Gott nein. Kein Vater Sohn Gespräch um diese Uhrzeit. Erbarmen. Doch ich wusste, wenn ich nicht ein riesen Donnerwetter vom Zaun brechen wollte, musste ich nachgeben. Mürrisch setzte ich mich und starrte auf den Tisch. Ich konnte ihn nicht ansehen.

»Soll das jetzt die nächsten Jahre zwischen uns so weitergehen?«, fragte er tonlos.

Ich sah auf. »Was weiß denn ich?«

»Ich habe mir die Scheiße auch nicht ausgesucht!«

»Ach nicht? Ich dachte, da gehören immer zwei zu«, spuckte ich ihm verächtlich entgegen.

Müde setzte er sich. »Wir müssen reden.«

»Nein, müssen wir nicht. Lass es gut sein. Ich kann diese Ausflüchte wirklich nicht mehr hören.«

»SITZENBLEIBEN!«, fuhr er mich an, als ich mich hochstemmen wollte. »Ich habe keine Lust auf dieses Theater und wir zwei müssen noch ne Weile miteinander auskommen. Es sei denn, du ziehst ein Heim vor.«

»Bitte? Wieso das? Mutter…«

»Deine Mutter kommt nicht mehr wieder, Simon.«

9. Niki

Sie atmet tief durch. »Schrei mich nicht so an!«

»Kommt jetzt wieder, ich bin deine Mutter, du musst Respekt vor mir haben.«

Sie will etwas sagen, doch ich habe es gerade so satt.

»Und ihr als Eltern solltet das Beste für eure Kinder wollen und das ist definitiv nicht dieses ganze Umziehen!« Ich zeige auf sie. »Euretwegen werde ich sozial inkompetent!«

»Wie bitte?«

»Ich bin, seit ich denken kann, noch nie ein komplettes Schuljahr in einer Klasse gewesen. Was zur Folge hat, dass ich mir keine Mühe gebe, andere kennenzulernen. Summa summarum pflege ich keine sozialen Kontakte, auch als Freunde bekannt, weil wir sowieso wieder umziehen werden. Zusätzlich werde ich gemieden, weil du auch noch wie ein Oberaufseher herum wackelst. Ich brauche Freiraum, feste Gewohnheiten und die Chance, auch mal mit jemand anderes zu reden, als mit dir, meinem Vater und meinem Bruder, den ich auch nur noch per Telefon erreichte, weil Ihr Markus gezwungen habt, bei Oma zu wohnen.«

»Moment mal, das war allein seine Entscheidung, wir haben ihn nicht gezwungen!«

»DOCH, weil ihr alle nasenlang umzieht, er aber seinen Ausbildungsplatz nicht ständig wechseln kann!«

»Ich bin in diesem Spiel aber nicht die Böse!«

»Ja klar, schieb jetzt Papa, den Teufel zu. Du könntest auch mal Nein sagen.«

Ihre Hände ballen sich. »Wenn du jemanden liebst, versucht man denjenigen …«

»Hör doch auf, noch einen größeren Bullshit von dir zu geben und dich rechtfertigen, um dein Gewissen zu beruhigen.«

»Du räumst deine Sachen aus«, faucht sie mich jetzt an. Diskussion gewonnen, Krieg verloren, wegen Teenageralter. Wahnsinn!

10. Simon

»Was?«

»Nicht ich bin hier der Böse in der Gleichung. Deine Mutter ist ausgezogen. Gestern. Als du im Stall warst. Daher war ich gar nicht traurig, dass du so spät gekommen bist.«

»Aber warum…?« Ich war wie vor den Kopf gestoßen. »Das, was du mir seit einem Jahr unterstellst, ist richtig. Doch nach fünf Jahren des nebeneinander her lebens brauchte ich auch mal wieder etwas Liebe und Nähe. Ich weiß, dass verstehst du alles noch nicht. Doch Kälte kann einen kaputt machen. Sie hat seit über fünf Jahren eine Affäre.«

Ich war völlig entsetzt. Meine Welt brach zusammen. Wieder einmal. »Warum?«, war das einzige, was ich rausbrachte.

»Wir sind zu verschieden. Zu Beginn stört so was nicht, im Gegenteil. Gegensätze ziehen sich an. Aber irgendwann nervt einen genau das, was einen mal angezogen hat. Wir haben uns auseinandergelebt. Gestern ist sie zu ihrer Affäre gezogen. Sie hat mich auch vor vollendete Tatsachen gestellt.«

Eine Weile schwiegen wir beide. »Wenn ich dich richtig verstanden habe, tauche ich in ihrem Leben nicht mehr auf«, bemerkte ich leise. Es schmeckte wie Galle. Wortlos schüttelte er den Kopf. » Es tut mir leid, Simon.«

»Da kannst du nichts für«, antwortete ich tonlos und stand auf. »Ich will gerade allein sein. Entschuldige.«

Wie vor den Kopf gehauen, stand ich auf und verließ die Küche. Mein Vater sagte kein Wort, sondern sah mich nur traurig an. Einfach aussortiert. Wie ein altes Kleidungsstück, dass man nicht mehr brauchen konnte. Respekt.

11. Niki

Die nächsten Tage verbringe ich damit meine Sachen aus den Kartons auszupacken und einzuräumen. Ich sehe meinen Vater kaum, was ich auch schon kenne. Meine Mutter, ja, die geht mir auch mal wieder aus dem Weg, aber bei ihr sage ich ehrlich gerade, besser ist das. Wenn sie essen bestellt hat, klopft sie an die Tür und ich hole es mir nur ab. So wenig Zeit am besten mit ihr verbringen wie nur möglich. Mein Bruder Markus versucht zu vermitteln, aber, dass er auf Granit beißt, ist ihm wohl auch bekannt. Mein Vater versucht es schon gar nicht mehr wirklich, die Wogen zu glätten, weil er weiß, wie sehr gerade ich stur bin, oder kindisch, wie meine Mutter es nennt. Doch mir ist das mehr als egal, wie sie mich benennt. Bin ich halt kindisch und egoistisch, aber was ist sie dann bitte.

Ich hänge die Bilder auf, von den Pferden, die ich geritten habe. Kein Anderes kommt an die Wand. Im Grunde sind es nur drei. Samura, das Shetlandpony, was ich von meinem Opa bekommen hatte. Tia, die schwarze Friesin und Prinz, der Apfelschimmel. Wie ich es vermisse, ihre Wärme, ihr Geruch, einfach alles.

»Hey«, sagt mein Vater beim Öffnen der Tür.

»Was?«, frage ich und hänge Prinz auf.

»Deine Mama hat die Liste für deine Schulsachen bekommen, wenn du willst, können wir sie einkaufen gehen.«

»Du kannst mich auch in die Stadt fahren und ich gehe alleine.«

»Aber so …«

Durchzug. Er bringt jetzt irgendwelche Argumente und im Grunde geht es nur darum, dass sie doch meine Mutter sei und wir eine Familie.

»Also?«, fragt er mich.

Ich seufze. »Okay.«

12. Simon

Einen gesamten Tag hatte ich mich verdrückt. Ich wollte nichts hören und sehen. Das Training hatte ich abgesagt und war stattdessen mit Faible in den Wald verschwunden. Da ich heute zu unruhig für Samba war, durfte sie sich einen ruhigen Tag auf der Wiese machen. Am Abend kam ich müde und gereizt nach Hause. Mein Vater stand in der Küche und bereitete wohl so was wie Abendessen zu.

»Hallo Simon«, grüßte er und sah mich prüfend an.

»Hallo.« »Bleib hier, wir essen gleich«, bemerkte er. »Übrigens sind heute die Unterlagen von der Schule gekommen mit den Sachen, die du brauchst. Liegen auf dem Tisch. Die Bücher hab ich heute Mittag schon bestellt. Willst du den Rest morgen allein holen oder sollen wir das in meiner Mittagspause zusammen machen?«

»Ich schiebs morgen dazwischen, danke. Sollte ich hinbekommen.«

»Hast du Training morgen?«

»Ja und am Wochenende Turnier. Wie meistens.«

»Gut. Wie ich dich kenne, hast du das Nenngeld eh schon bezahlt oder?«

»Ja.« Das war eben so, wenn man auf sich allein gestellt war. Man musste seinen Kram geregelt bekommen. Der Vorteil lag allerdings auf der Hand: Ich brauchte keinen für meine Angelegenheiten. Das meiste regelte ich selbst. Auch meine Mutter hatte wenig von meinem Leben mitbekommen und das immer mit ihrer Arbeit gerechtfertigt. Wusste gar nicht, dass man Bettgeschichten neuerdings Arbeit nannte. Oh man, ich bekam diese Bilder nicht mehr aus dem Kopf. Verdammt.

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